Gold Award Winner Tobi Binder (re.) mit allen Kategoriesiegern des Felix Schoeller Photo Award 2019 (v.r.): Alexey Vasilyev, Daniel Reiter, Maximilian Mann, Johanna Maria Fritz, Julia Bezhanova und Sarah Tröster mit Projektpartnerin Alice Francis.
Gold Award Winner Tobi Binder (re.) mit allen Kategoriesiegern des Felix Schoeller Photo Award 2019 (v.r.): Alexey Vasilyev, Daniel Reiter, Maximilian Mann, Johanna Maria Fritz, Julia Bezhanova und Sarah Tröster mit Projektpartnerin Alice Francis.

Jury benennt fünf Kategoriesieger und den besten Nachwuchsfotografen 2019: Am Samstagabend, dem 19. Oktober 2019, wurden in einer feierlichen Preisverleihung die Sieger des Felix Schoeller Photo Award 2019 bekanntgegeben und geehrt.

Die Preisverleihung fand im Museumsquartier Osnabrück vor über 100 geladenen Gästen statt. Die Jury des Felix Schoeller Photo Award entschied über fünf Kategoriesieger, den Gewinner des Nachwuchsförderpreises sowie den Gesamtsieger 2019. In den Kategorien siegten Toby Binder, Deutschland (Porträt), Daniel Reiter, Deutschland (Landschaft/Natur), Julia Bezhanova, Russland (Mode), Alexey Vasilyev, Russland (Fotojournalismus/Editorial) sowie Sarah Tröster, Deutschland (Freie/Konzeptionelle Fotografie). Den Nachwuchsförderpreis verlieh die Jury dem deutschen Fotografen Maximilian Mann. Toby Binder überzeugte die Jury mit seiner Arbeit „Wee Muckers – Youth of Belfast“ besonders und wurde mit dem Felix Schoeller Photo Award in Gold geehrt. Der Gold-Award wird zusätzlich unter den fünf Kategoriesiegern ausgelobt.

Hans-Christoph Gallenkamp, CEO der Felix Schoeller Group, zeigt sich erfreut über die enorme internationale Beteiligung aus 113 Ländern. „Es ist auffällig, dass sich die Fotografen sehr stark mit dem Thema Ausbeutung der Erde und Klimaveränderungen beschäftigt haben. Somit ist der Felix Schoeller Photo Award zwangsläufig auch ein Beitrag zur aktuellen globalen Diskussion um den Klimawandel. Als Unternehmen Felix Schoeller Group freuen wir uns über die fruchtbare Kooperation mit dem Osnabrücker Museumsquartier, das die hochwertige Ausstellung über gut vier Monate hinweg ermöglicht. Damit erhalten die Fotografen eine wirkungsvolle Bühne für ihre Arbeiten und die Besucher einen Eindruck der internationalen zeitgenössischen Fotografie.“ Gallenkamp verwies zudem darauf, dass die ausgestellten Arbeiten auf Felix Schoeller Fotopapier gedruckt wurden, darunter Exponate bis zur Formatgröße 120 x 100 cm.

Ausstellung „Winner & Nominees“ vom 20.10.2019 – 08. März 2020.

Die 150 Fotografien der Nominierten und Gewinner aller Kategorien und des Nachwuchsförderpreises sind nach der offiziellen Ausstellungseröffnung am 20. Oktober 2019 bis zum 08. März 2020 im Museumsquartier Osnabrück zu sehen.

 

Die Preisträger

Kategoriesieger Porträt und Gold Award Winner: Toby Binder, München/Deutschland

Titel der Arbeit: Wee Muckers – Youth of Belfast

Toby Binder aus München konnte die Jury nicht nur in der Kategorie Porträt von seiner Arbeit „Wee Muckers – Youth of Belfast“ überzeugen. Auch den Gold Award als Gesamtsieger gewann er mit dieser Arbeit. Für beide Erfolge erhielt er insgesamt ein Preisgeld von 12.000 €. Sein Konzept beschreibt er wie folgt: „In Belfast leben protestantische Unionisten und katholische Nationalisten in homogenen Nachbarschaften, die bis heute durch Mauern geteilt werden. Die Reihe zeigt, dass diese beiden Gemeinschaften, zwischen denen es scheinbar unüberwindbare Differenzen gibt, einander doch ähnlicher sind als wohl beide Seiten zugeben würden. Während sie an ihren eigenen Symbolen von Identität und ihren Traditionen festhalten, tragen sie dieselbe Kleidung, dieselben Haarschnitte, nehmen dieselben Drogen und sorgen sich oft um dieselben Dinge, wie Gewalt, Arbeitslosigkeit, soziale Diskriminierung und somit fehlende Zukunftsaussichten.“

Die Begründung der Jury

Der Gold Award Winner wird aus den Kategoriesiegern ermittelt. Unter fünf herausragenden Arbeiten fiel die Entscheidung für Toby Binder. Seine SW-Porträts überzeugen durch ihre hohe Eindringlichkeit. Gleichzeitig zeigen sie die verbindenden Elemente der porträtierten Belfaster Jugendlichen: Zukunftsangst und Hoffnungslosigkeit, aber auch ein gewisser Trotz, ein Überlebenswille ist den Blicken zu entnehmen. Toby Binder schafft es, uns mit dieser melancholischen Serie von Teenagern die menschliche Seite des immer noch schwelenden nordirischen Konflikts zu vermitteln.

Persönliches

Toby Binder, geboren 1977 in Esslingen, studierte an der Hochschule für Gestaltung Stuttgart. Bald konzentrierte er seine Fotografie auf soziale, ökologische und politische Themen. Weltweit arbeitet er an Einsätzen und persönlichen Projekten, wobei er sich auf Nachkriegs- und Krisensituationen sowie den Alltag von Menschen konzentriert.
Seine Arbeit wurde mehrfach international ausgezeichnet, z.B. mit dem Philip-Jones-Griffiths-Preis 2018, dem Sony-World-Photo-Award und dem Nannen-Preis 2017. Im selben Jahr erhielt er eine ehrenvolle Erwähnung bei dem Wettbewerb UNICEF-Foto des Jahres.
Seine Arbeiten werden unter anderem vom Stern, dem Süddeutsche Zeitung Magazin, der Zeit, dem Greenpeace Magazin, Amnesty Journal, der Neuen Zürcher Zeitung und anderen veröffentlicht.

 

Gewinner des Nachwuchsförderpreises: Maximilian Mann, Kassel/Deutschland

Titel der Arbeit: Lake Urmia

Aus 344 eingereichten Arbeiten in der Sonderkategorie „Nachwuchsförderpreis“ entschied sich die Jury für den Nachwuchsfotografen Maximilian Mann aus Kassel.  Mann hat eine Serie von Fotos eingereicht, die im Iran entstanden. Sein Thema ist die Zerstörung des „Lake Urmia“ durch die Klimaveränderung und der Einfluss auf die Anwohner der Region. In seinem Konzept zur Arbeit beschreibt er seinen Ansatz: „Weitgehend von der Weltöffentlichkeit unbemerkt vollzieht sich am Urmiasee im Nordwesten Irans eine große Umweltkatastrophe: Wo vor zehn Jahren die Wellen gegen die Mauern der Dörfer schwappten, blickt man heute auf eine fast endlose Wüste. Die Schiffe, die einst die Menschen von der einen zur anderen Seite brachten, liegen wie riesige gestrandete Wale am Ufer und verfallen. Salzwinde aus der Wüste breiten sich immer mehr auf den Feldern der Bewohner aus und lassen die Pflanzen vertrocknen. Ihrer Lebensgrundlage beraubt, flüchten die Bewohner in die umliegenden Städte und die Dörfer um den See sterben aus.“ Die Bedeutung dieses Sees und das Ausmaß der Folgen wird deutlich, wenn Mann den See näher beschreibt: „Der Urmiasee war einst der zweitgrößte Salzsee der Welt, zehnmal größer als der Bodensee. Doch innerhalb weniger Jahre ist die Fläche des Sees um 80 Prozent geschrumpft. Verantwortlich dafür sind der Klimawandel und der enorm hohe Wasserverbrauch der Landwirtschaft. Wenn die Katastrophe nicht gestoppt wird, könnten in Zukunft bis zu fünf Millionen Bewohner die Gegend verlassen.“

Begründung der Jury

Der Fotograf Maximillian Mann erzählt uns mit seinen sehr sensiblen und bewusst überhellten Bildern von einer der größten menschengemachten Naturvernichtung. Mann schafft mit seiner eindrucksvollen Serie gleichzeitig ein Mahnmal für die Menschen und die Region.

Persönliches

Maximilian Mann (1992) ist in Kassel aufgewachsen. Während eines Freiwilligendienstes in Tansania wuchs sein Wunsch, Fotografie zu studieren. In seinen fotografischen Arbeiten engagiert er sich vor allem für sozial benachteiligte Gruppen und Umweltfragen. Er stand auf der Shortlist für den „Felix Schoeller Award, Kategorie Beste Nachwuchsarbeit 2017“, war Finalist des „Kolga Award Newcomer Award 2017“ und erhielt das „BFF-Stipendium 2019“.

Die Kategoriesieger

Kategoriesieger Landschaft/Natur: Daniel Reiter, München/Deutschland

Titel der Arbeit: Wasser auf Zeit

Begründung der Jury

Die Botschaft Daniel Reiters versteckt sich vermeintlich hinter den künstlerisch sehr formal aufgebauten Fotografien. Es scheint alles sauber und ordentlich – schön strukturierte, abstrakte Kompositionen. Doch Details deuten auf menschliches Leben hin, scheinbar choreographiert und aus der Luft eingefangen. Und schnell erweist sich diese visuelle Sicherheit der Linien und Flächen als inhaltlicher Trugschluss, denn diese Ordnung ist die Ordnung einer nahezu unaufhaltsamen Katastrophe, hervorgerufen durch die Ausbeutung unseres Planeten. Daniel Reiters Landschaftsaufnahmen von Bewässerungskreisen formulieren einen dringlichen Hilferuf zur Rettung unserer Erde.

 

Kategoriesiegerin Modefotografie: Julia Bezhanova, Azov/Russland

Titel der Arbeit: On the other side

Begründung der Jury

Die Serie von Julia Bezhanova zeichnet sich durch ihre ästhetische, inhaltlich differenzierte und durchdachte Bildsprache aus. Die Auswahl ihrer Bildräume, sowie die Farbigkeit sind sowohl Stilelement wie auch Sinn gebend.  Ihr Stil ist frisch und präsent und reflektiert den aktuellen Zeitgeist einer jungen Generation. Der Spiegel steht als Metapher für Reflexion und Abbild. On the other side von Julia Bezhanova zeigt wie spannend und schön Modefotografie sein kann.

 

Kategoriesieger Foto-Journalismus/Editorial: Alexey Vasilyev, Yakutsk / Russland

Titel der Arbeit: My Dear Yakutia

Begründung der Jury

Jakutien ist die größte Region Russlands und liegt – aufgrund fehlender Infrastruktur schwer erreichbar – im Nordosten Asiens. Alexey Vasilyev dokumentiert und erzählt in seinen Fotografien auf poetische und liebevolle Weise das Leben der Menschen in der Abgeschiedenheit Jakutiens unter strengsten klimatischen Verhältnissen. Seine Bilder zeichnen sich durch eine klare und vielschichtige Komposition und Motivauswahl aus. Die fünf Fotografien aus der Serie „My dear Yakutia“ lesen sich bildnerisch wie eine Allegorie auf das Leben mit Hoffnung und Träumen, Staunen, Einsamkeit und der Freude an dem Leben an sich. Sie sind tiefgründig und humorvoll zugleich und spannen den Bogen weit über das Dokumentarische hinaus.

 

Kategoriesiegerin Freie/Konzeptionelle Fotografie: Sarah Tröster, Asperg / Deutschland

Titel der Arbeit: Garbage Project

Begründung der Jury

Auf den ersten Blick präsentiert uns Sarah Tröster eine Serie von Stilikonen der 30er und 40er Jahre – uns vertraute Bilder aus der Ära von Josephine Baker. Fotografisch im Vintage-Look umgesetzt, spielen die Arbeiten mit der Sinnestäuschung des Betrachters, der erst über den zweiten Blick erfährt, dass die Kleidung aus Abfall erstellt worden ist. Tröster konterkariert die vergangene Schönheit mit unserem Verhalten in der Wegwerfgesellschaft der Gegenwart.
Die Arbeit „Garbage Project“ ist eine künstlerisch herausragende Anklage gegen unseren gnadenlosen Konsum und ein intellektueller Aufruf zum sorgsamen Umgang mit unserer Zukunft.